Jennys Café - wo träume Aufblühen

Mädchen an der Bar
Bild von Pixaby

Tim sass in seinem Zimmer und starrte auf den Brief.
„Aufgrund des hohen Vermögens ihrer Eltern, lehnen wir ihr Gesuch auf ein Stipendium ab“, stand da.
Er schaute zu Boden. Seine Eltern würden ihn nicht unterstützen, so viel war klar. Wütend verliess er das Haus und wollte seine Energie beim Joggen loswerden. Vielleicht konnte er dabei auch seinen Kopf frei bekommen.
Er rannte in die Stadt und durchquerte die Altstadt. Langsam wurde er müde und konnte nicht mehr rennen. So weit war er noch nie gerannt. Er verlangsamte seinen Schritt, bis er gemütlich durch die Strassen am Rand der Altstadt schlenderte. Er wollte noch nicht nach Hause, seine Energie war weg, aber die Gefühle der Enttäuschung, Wut und Trauer brodelten immer noch in ihm.
Vor einem Gebäude blieb er stehen. Zwischen den grauen Häusern stach der unterste Stock dieses Gebäudes heraus. Links und rechts vom Eingang standen je eine kleine Eiche im Topf. Die Holztür mit grossen Fenstern war weinrot gestrichen worden und über der Tür prangte ein Schild, auf dem geschrieben stand: „Jennys Café + Buchladen“
Er trat ein und setzte sich an die Bar.
Es war nicht viel los. Nur ein anderer junger Mann sass an einem Tisch und las in einem Buch.
„Willkommen, was kann ich dir bringen?“, fragte die junge Frau hinter der Bar. Sie trug ein mittelalterliches Kleid welches zum Raum passte. Denn bis auf die Bücherregale links und rechts, hatte Tim den Eindruck in einer mittelalterlichen Taverne gelandet zu sein.
„Gerne ein Pfefferminztee“, antwortete Tim und während sie ihm den Tee machte, meinte er, „hier ist nicht viel los heute.“
Die Frau stellte ihm den Tee hin und sagte: „Das ist normal um diese Uhrzeit, die meisten sind schon wieder weg oder kommen erst noch.“
Sie schaute ihn eindringlich an und sagte dann: „Ich spüre du hast einen inneren Konflikt und weisst nicht wohin dein Weg dich führt.“
„Ich will nicht darüber reden“, sagte er und nippte an seinem Tee. Woher wusste diese Frau was in ihm vorging. Und überhaupt ging es sie auch nichts an! Und doch knallte er wütend den Brief auf den Tisch.
„Meine scheiss Eltern wollen, dass ich Medizin studiere. Als ob ich dadurch dann was Besseres wäre. Die wollen doch nur angeben mit ihrem perfekten Sohn“, platzte es aus ihm heraus, „Aber das bin ich nicht. Ich will das nicht, ich will Lehrer werden. Das ist ihnen aber nicht gut genug und sie wollen mich nicht unterstützen. Aber ohne ihre Unterstützung kann ich das nicht. Ich habe nicht das Geld zum Überleben, selbst wenn ich neben dem Studium arbeite, es wird nicht reichen. Und Schulmaterial müsste ich ja auch noch bezahlen.“
Er holte einmal tief Luft, um sich wieder zu beruhigen.
„Das klingt nach einer richtig blöden Situation.“
„Vielleicht hätte ich eine Lösung“, sagte eine Frauenstimme links von ihm.
Er drehte sich zur Seite. Dort stand eine weitere Frau in einem mittelalterlichen Kleid.
„Frau Schmied welche im über dem Café wohnt sucht jemanden, der nachts, wenn sie arbeiten muss, auf ihre Tochter aufpasst. Wie viel sie zahlt, weiss ich nicht, aber sie bietet Kost und Logis. Wenn du willst mache ich euch bekannt.“
Dann legte sie einen Zettel vor ihn hin. Darauf stand: Büchertausch. Hast du in unserem Café ein Buch angefangen und möchtest es unbedingt fertiglesen. Bring einfach ein anderes mit und du kannst das Buch nachhause nehmen.
„Wenn du ein paar Bücher zu Hause hast, welche du nicht mehr brauchst, kannst du sie hier umtauschen. Sag mir einfach, welche Bücher du für die Schule brauchst“, fügte sie hinzu.
Tim zögerte und fragte dann: „Warum tut ihr das für mich?“
„Weil wir Menschen helfen wollen. Und ich kann dich verstehen, meine Eltern wollten mich auch kontrollieren. Ohne meine Schwester Lia“, sagte sie und zeigte auf die andere Frau, „wäre ich nicht da, wo ich heute bin.“

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